Artikel von Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, der in der Zeitung „The Washington Times“ mit dem Titel „Was wir heute tun, wird das Morgen bestimmen“ veröffentlicht wurde, 2. April 2020

Berlin Büyükelçiliği 03.04.2020

Was wir heute tun, wird das Morgen bestimmen

Mevlüt Çavuşoğlu

Nach jedem katastrophalen Ereignis neigt man zu der Annahme, dass die Welt nie mehr dieselbe sein wird. Diesmal jedoch ist es wahr, dass sich die Welt in gewisser Weise verändern muss. Die Weltgeschichte ist voll von solchen Wendepunkten, die fast alle schmerzhaft sind. Seit Jahren werden wir davor gewarnt, dass sich eine Pandemie so verheerend auswirken könnte. Dem Teil der Menschheit, der inmitten tobender Kriege, Krisen, endemischer Instabilität, Staatszerfall und menschlichem Elend lebt, könnte man den Gedanken verzeihen, dass es nicht schlimmer kommen könnte. Diejenigen, die dagegen in friedlichen, wohlhabenden Regionen leben, könnten denken, dass ihnen nichts schaden würde und sie dazu bestimmt seien, weiterhin Glück zu haben. Doch eine Pandemie ist, wie sie nun einmal ist; keine Gesellschaft, kein Individuum kann hoffen, außerhalb der Reichweite eines tödlichen Virus zu stehen. Damit distanzieren wir uns von den anderen, von dem Segen der sozialen Interaktionen. Die Infektionen haben bis auf die Antarktis alle Kontinente erreicht, die Zahl nähert sich einer Million und wird sie sicher noch übertreffen. Mehr als ein Drittel der Menschheit wird dazu aufgefordert, zuhause zu bleiben, und zu all den Opfern, die bereits in erschreckend hoher Zahl gefordert wurden, werden noch viele weitere hinzukommen. Die wirtschaftliche Belastung durch diese Pandemie wird ebenfalls entmutigend sein und kann sich langfristig auswirken. Die Auswirkungen auf die bestehende Fragilität von Staaten, auf Politik und Sicherheit werden sicherlich Regierungen in der ganzen Welt schwer belasten. Wir haben das Licht am Ende dieses Tunnels noch nicht gesehen, und wir können nicht darauf warten. Es ist ein Moment des Nachdenkens, aber auch der Führung und des Handelns.

Das globale System lag in Scherben, noch bevor die Menschheit vom Coronavirus befallen wurde. Die Türkei beispielsweise hatte sich für eine Reform des Systems eingesetzt. Wir haben es als die Agenda „Die Welt ist größer als fünf“ benannt, wobei wir auf die überholte Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrates verwiesen, dennoch haben wir uns damit nicht beschränkt. Als ein Land, das sich mit unendlichen Konflikten und menschlichem Elend in unserer unmittelbaren Nachbarschaft auseinandersetzen muss, und als das Zuhause der größten Flüchtlingsbevölkerung der Welt sind wir uns bewusst, dass das System nicht funktioniert. Im Jahr 2008, als die Welt von der Wirtschaftspandemie heimgesucht wurde, konnte die G20 der schwankenden Weltwirtschaft einen Orientierungssinn und damit Stabilität verleihen. Das System hatte damals funktioniert, aber in hohem Maße dank eines relativ neuen globalen Akteurs. Wir müssen uns auch diesmal auf eine ähnlich massive wirtschaftliche Auswirkung vorbereiten und sicherstellen, dass das System funktioniert, während wir die notwendigen Ausbesserungen und Erneuerungen vornehmen.

Die oberste Priorität ist es, die Gesundheit und Sicherheit der Menschen vor COVID-19 zu schützen. Wir unterstützen die rechtzeitige Erklärung der G20, mit der sich die Staats- und Regierungschefs dazu verpflichtet haben, im Kampf gegen die Pandemie solidarisch zu handeln und die Weltwirtschaft und den uneingeschränkten Handel zu schützen. Die Ausweitung der SWAP-Vereinbarungen gehört zu den wichtigen Maßnahmen, auf die sich die G20 geeinigt hat. Wir freuen uns, dass unser Vorschlag zur Bildung einer Koordinierungsgruppe Hoher Beamter von der G20 angenommen wurde, da wir uns in Fragen wie der Grenzverwaltung und der Rückholung von Staatsangehörigen eng abstimmen müssen. Ich bedanke mich bei Kanada für die Darlegung der ersten Ideen bezüglich seiner Modalitäten. Die G20 erweist sich wieder einmal als das richtige Format im globalen Krisenmanagement.

Eine Reihe von Ländern, einschließlich der Türkei, ergreift auch starke Einzelmaßnahmen. Einzelne Anstrengungen würden jedoch nicht ausreichen. Eine globale Herausforderung erfordert eine globale Antwort, zunächst im Bereich der öffentlichen Gesundheit, dann in der Wirtschaft und langfristig bei der Reform der internationalen Einrichtungen und der Art und Weise, in der die Länder sie unterstützen. Die entsprechenden internationalen Institutionen sollten bei der finanziellen und medizinischen Unterstützung eine wirksame Rolle übernehmen. Der Schutz von schwachen Gemeinschaften, irregulären Migranten und Flüchtlingen sowie die Unterstützung der Aufnahmeländer sind jetzt noch wichtiger. Globale Liefernetzwerke und Frachttransfers dürfen nicht behindert werden. Sanktionen, die zu einem stumpfen Instrument der Politik geworden sind, müssen aus humanitärer Sicht bewertet werden. Viele Sanktionen, auch die gegen den Iran, schaden nicht nur dem iranischen Volk, sondern auch seinen Nachbarn. Gerade in Zeiten einer Pandemie ist dieses Risiko noch höher. Die Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder, insbesondere in Afrika, dürfen nicht zurückgelassen werden.

Ein wichtiges Thema, das eine dringende globale Reaktion erfordert, ist die Beendigung der Konflikte, die einen sehr hohen Preis für die Menschen, das Ökosystem, die Wirtschaft und unser Gewissen fordern. Wir rufen daher die internationale Gemeinschaft auf, sich aus allen Konflikten zurückzuziehen, die Feindseligkeiten einzustellen und sich ernsthaft um Dialog und Versöhnung zu bemühen, auch im Nahen Osten. Geopolitische Konkurrenzen und politische Missstände sind wenig sinnvoll, wenn die Welt um ihre Gesundheit kämpft und man weiß, dass alle leiden. Dieser Aufruf kann nicht unbeachtet bleiben, wenn wir uns alle einen Augenblick Zeit nehmen, um ihn weltweit zu unterstützen.

Die derzeitige Generation von Politikern definiert die Zukunft der Weltordnung durch die Entscheidungen, die sie heute im Hinblick auf die Pandemie treffen. Was wir heute säen, wird uns bald als blanke Realität gegenüberstehen. Die Tatsache eines auf Regeln basierenden globalen Systems, eines Netzwerks funktionierender Nationalstaaten, die widerstandsfähig und rechenschaftspflichtig sind, von Volkswirtschaften, die niemanden zurücklassen und allen zugute kommen, unterstützt von zweckmäßigen internationalen Organisationen, die sich alle auf das Wohlergehen der Menschen unabhängig von ihrer Nationalität, ihrem Glauben oder ihrer Rasse konzentrieren, kann in Reichweite sein. Denn alternative Bestrebungen sind nicht sinnvoll, ja sind sogar schädlich für das Gemeinwohl. Und so kann es trotz aller Schmerzen, die diese Pandemie verursacht hat, ein positives Erbe geben, wenn wir uns alle dafür entscheiden, es zu verwirklichen. Bleibt zuhause, bleibt in Sicherheit.

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